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«Dass man von uns verlangt, den Krieg zu vergessen, macht mich wütend»

Heute ist der «Tag der weissen Bänder» – ein Tag zu Gedenken der ethnischen Säuberungen, die in der bosnischen Stadt Prijedor begangen wurden. Dina ist 12 Jahre alt, als der Krieg in Bosnien beginnt. Im Video erzählt sie, wie sie den Krieg erlebt hat, und wie sie und ihre Familie es geschafft haben zu entkommen.

Trigger­warnung: Die im Video beschrie­benen Ereig­nisse enthalten explizite Beschrei­bungen von Gewalt, Mord, Krieg, Kriegs­ver­brechen, Verge­wal­tigung und Tod. Bei manchen Menschen können diese Themen negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist.

1992 übernahmen in Bosnien serbische Natio­na­listen die Macht über die Stadt Prijedor. Am 31.05.1992 erliessen sie einen Beschluss, wonach alle Nicht-Serb*innen ihre Oberarme mit weissen Bändern und ihre Häuser mit weissen Laken kennzeichnen sollten. Danach wurden sie in Konzen­tra­tions- und Verge­wal­ti­gungs­lager gebracht. Es war das erste Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs, dass Mitglieder einer ethni­schen oder religiösen Gruppe auf diese Weise für eine Vernichtung gebrand­markt wurden. 

Die Stadt ist seit dem Genozid noch immer unter der Kontrolle von serbi­schen Natio­na­listen. Die lokalen Behörden weigern sich, die in Prijedor began­genen Verbrechen trotz zahlreicher Urteile von inter­na­tio­nalen und natio­nalen Gerichten anzuer­kennen. Die Errichtung von Denkmälern zu Ehren der Opfer ist verboten und der Zugang zu den Orten ihres Leidens wird den Opfern und ihren Angehö­rigen verweigert. Zu nennen ist hier etwa das Gebiet um das Lager Omarska, in dem alleine 5000 Menschen ermordet wurden. Statt­dessen gibt es im KZ Trnopolje ein Denkmal für die Täter.

Um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen, haben Aktivist*innen ein dezen­trales Denkmal im Exil errichtet. Sie binden weisse Bänder und Tücher um ihr Arme, um Fenster, Zäune oder Bäume. Dabei gedenken sie nicht nur den Opfern ethni­schen Säube­rungen in Prijedor und in Bosnien — die Bänder gelten allgemein als Symbol gegen Rassismus und Faschismus.

Dina ist 12 Jahre alt, als der Krieg in Bosnien beginnt. Ihre Heimat­stadt befindet sich unweit von der bosni­schen Stadt Prijedor entfernt. Im Video erzählt DIna, wie sie als Teenagerin den Ausbruch des Krieges erlebt hat, und wie sie und ihre Familie es schliesslich geschafft haben, ihm zu entkommen.

 

  1. Katrin Gossenreiter

    Liebe Dina
    Du hast es geschafft, uns von deinen Kriegs­er­leb­nissen zu erzählen. Ich danke dir von ganzem Herzen. Es ist nicht selbst­ver­ständlich, dass wir, die wir in einem freien Land leben, den Krieg so unmit­telbar durch dich erfahren können.. Ich frage mich, wie es so weit kommen muss, dass eine Zwölf­jährige von einer anderen Zwölf­jäh­rigen mit einem Stein angegriffen wird.
    Ich kann dir nur schreiben, dass der Mensch zu allem fähig ist, zu Gutem wie zu Schlechtem. Das Gute müssen wir immer wieder stärken. In diesem Sinne hoffe ich für dich, dass du in der Schweiz Friede gefunden hast.
    Katrin

  2. Ruza Mrak

    Meine Gross­eltern waren in Prijedor alleine im Haus, beide bereits weit über 70 Jahre alt. An einem Morgen war das Haus komplett umzingelt von bewaff­neten “Soldaten”. Sie haben behauptet, jemand hätte gemeldet, dass meine Gross­eltern “musli­mische” Soldaten im Haus verstecken, was nicht der Fall war. Sie haben ihnen einige Lebens­mittel entwendet und meinen Gross­vater ohne Grund massiv verprügelt, er lag Tagelang im Bett und konnte nicht aufstehen (er, der als junger Mann schon den 2. WK und ein deutsches Gefan­ge­nen­lager überlebt hat). Nach diesem Vorfall haben meine Gross­eltern beschlossen das Land und unser geliebtes Haus zu verlassen. Er verstarb noch während der Krieg unten tobte hier in der Schweiz. 

    Über all diese Vorfälle durften/konnten wir hier als Kinder mit niemandem reden, es hat auch keinen inter­es­siert. In der Schule wurde man ausge­lacht wenn es um das Thema “Jugosla­vi­en­krieg” ging. All die Ängste und Sorgen um die Angehö­rigen musste man für sich behalten und sich verhalten als wäre nichts.

  3. Vielen Dank für das Dokumen­tieren der Erfahrung von dieser Zeitzeugin. Das ist eine unglaublich wichtige und wertvolle Arbeit. Vielen Dank Dina, dass du das mit uns teilst! Wünsche dir viel Heilung und viele Leute, die für dich da sind. 

    Cheers, Jan

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