Migration wurde in den letzten Monaten wieder besonders stark im Zusammenhang mit Gewalt problematisiert. Anlässlich des 8. März fordert Nico Zürcher einen Shift: Lasst uns über Männergewalt sprechen.
Am heutigen 8. März müssen wir über eine Personengruppe sprechen, die statistisch gesehen am häufigsten für Straftaten in der Schweiz verantwortlich ist. Eine Personengruppe, über die eigentlich im Alltag viel zu viel gesprochen wird – ausser wenn es um Kriminalität geht. Es geht um Männer.
Zuallererst ein Blick auf die Fakten: Männer sind in der Schweiz inzwischen eine Minderheit (49.67 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung). Trotzdem waren sie bei über 75 Prozent aller angezeigten Delikte die beschuldigte Person. Bei Gewaltdelikten ist das Verhältnis nochmals deutlicher: Dort machten Männer bei genau 80 Prozent der angezeigten Delikte den Täter aus. Fokussiert man sich auf schwere Gewalt wie Tötungsdelikte, schwere Körperverletzung oder Vergewaltigung, steigt der Männeranteil sogar auf über 93 Prozent. Eine unglaubliche Zahl.
Diese überwältigenden Zahlen halten Medien aber nicht davon ab, das Problem regelmässig als angebliches «Migrationsproblem» zu framen. 20 Minuten beispielsweise führte Ende Februar hierzu ein Interview mit Frank Urbaniok. Einleitend schreibt das Medium von einer angeblichen Anschlagserie syrischer und afghanischer Geflüchteter in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Entsprechend durfte Frank Urbaniok auch festhalten, dass «es sich in all diesen Fällen um Täter mit Migrationshintergrund» gehandelt habe und betonte: «Das ist kein Zufall.»
Dabei ist der Nenner dieser Anschläge, genau wie bei schweren Gewaltdelikten, offensichtlich – sie werden, unabhängig von der Herkunft, zum überwältigenden Teil von Männern ausgeführt.
Die Delikte liegen allerdings geografisch und zeitlich zum Teil weit auseinander. Bewusst weggelassen wird ausserdem, dass es in der gleichen Zeit zahlreiche Gewalt- und Tötungsdelikte von Personen ohne Migrationshintergrund gab, unter anderem einen Anschlag mit einem Auto auf einen Karnevalszug in Mannheim. Die Tat fand jedoch nur halb so viel Resonanz in den Medien wie vergleichbare Anschläge in Magdeburg oder München, dies ergab eine Analyse der Frankfurter Rundschau. Der Grund liegt auf der Hand: Der Täter in Mannheim war Deutscher ohne Migrationshintergrund und vermutlich rechtsextrem.
Die Tat fand jedoch nur halb so viel Resonanz in den Medien (…). Der Täter war Deutscher ohne Migrationshintergrund und vermutlich rechtsextrem.
Dabei ist der Nenner dieser Anschläge, genau wie bei schweren Gewaltdelikten, offensichtlich – sie werden, unabhängig von der Herkunft, zum überwältigenden Teil von Männern ausgeführt. Wenn es um Gewalt geht, haben wir also kein Migrationsproblem, sondern ein Männerproblem.
Es ist bei weitem nicht so, dass dieses Problem ein rein feministisches Anliegen sein sollte. Es geht uns alle etwas an, weil wir alle davon betroffen sind (insbesondere auch wir Männer), und nicht nur, weil etwa unsere Töchter oder Partnerinnen Schutz vor den Tätern bräuchten – wobei gerade dieser Gedanke abgeschafft werden sollte, denn warum können Männer Frauen erst dann als schutzwürdig ansehen, wenn sie mit ihnen in einer engeren Beziehung stehen?
Die Benennung und Bekämpfung von Männergewalt würden somit nicht nur das Leben von Frauen, sondern auch das Leben von Männern sicherer machen.
Ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt, dass Männer nicht nur mutmassliche Hauptverursacher von Gewaltdelikten sind, sie sind mit über 57 Prozent zum grösseren Teil auch als Opfer betroffen. Die Benennung und Bekämpfung von Männergewalt würden somit nicht nur das Leben von Frauen, sondern auch das Leben von Männern sicherer machen.
So vielschichtig wie das Problem ist auch die Lösung. Zum 8. März sei aber daran erinnert, dass gerade wir Männer im Kleinen viel zur Lösung beitragen können. Wir können im Freundeskreis toxische Verhaltensmuster ansprechen und unsere männlichen Freunde für ihre Handlungen zur Verantwortung ziehen, statt diese Handlungen und Folgen kleinzureden.
Als Väter sollten wir unseren Söhnen ein gutes Beispiel sein, und dafür Sorge tragen, dass sich gewaltvolle Muster nicht auf die nächste Generation übertragen. Und immer wenn in Diskussionen, auf Social Media oder in der Presse von kriminellen Ausländern gesprochen wird, können wir künftig daran erinnern, dass Gewalt kein Migrationsproblem, sondern ein Männerproblem ist.
Von Nico Zürcher
Danke Nico!!!
Der Artikel ist aufschlussreich und trifft das Problem an der Wurzel.
Mein Sport Boccia, vorwiegend Männer.
Wir Frauen müssen uns viel anhören. Speziell wenn wir schiedsrichtern.. z.B.
ich habe einen Mann daran erinnert Ruhe zu bewahren. „Er: wo ist dein Mann“